Freifunk ist eine Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat:
Allen Menschen einen freien (d.h. anonymen, unzensierten und kostenlosen) Zugang zum Internet über WLAN zur Verfügung zu stellen und dafür eigene, dezentrale und nichtkommerzielle Infrastruktur aufzubauen und zu betreiben.
(Quelle: https://freifunk-goettingen.de/freifunk/)
Freifunk ist ein Netzwerk von einzelnen Routern, die über Funk Kontakt zueinander aufnehmen. Jeder einzelne Router ist dabei Bestandteil dieses Netzwerkes und je mehr Router beteiligt sind, desto größer ist das Freifunknetzwerk und damit dessen Infrastruktur.
Das Freifunknetz als Ganzes gehört dabei niemanden, denn das Freifunknetzwerk setzt sich aus lauter einzelnen Freifunkroutern zusammen, die jeweils Einzelpersonen gehören. Es ist also ein Netzwerk in Bürgerhand. Es gibt hier keinen Telekommunikationskonzern, der IP-Adressen protokolliert oder monatliche Gebühren verlangt. Die Freifunknetzwerke haben eine kleine Minisatzung Pico Peering Agreement, die die rudimentären Grundsätze der Freifunk-Bewegung beschreibt.
Über das Freifunknetzwerk können Daten und Nachrichten geschickt werden. Natürlich kann über den Freifunk auch der Zugang zum Internet ermöglicht werden, wenn der Freifunkrouter mit einem Internetrouter verbunden wird.
In Berlin gibt es einen Förderverein für Freie Netzwerke. Dieser hat ein Video erstellt, in dem Freifunk erklärt wird:
Die einzelnen Freifunkrouter stellen gemeinsam ein vermaschtes Netzwerk aus Routern zusammen, ein sogenanntes Mesh-Netzwerk. Die Strecke zu einem anderen Freifunkrouter wird über Router dazwischen überbrückt. So können ganze Stadtteile, Dörfer und Städte miteinander vernetzt werden. Die Router stellen so praktisch ein lokales Intranet zur Verfügung.
Die einzelnen Freifunkrouter im Mesh-Netzwerk, werden mit Gateways verbunden, die den gesamten Traffic über den Server des Fördervereins Freie Netzwerke oder ausländische Server lenken. Eine Identifizierung ist daher technisch ausgeschlossen, da dort keine IP-Adressen gespeichert werden.
Nein, mit einem Freifunkrouter können Sie nicht aufgrund von Störerhaftung in Anspruch genommen werden.
Die Haftung scheidet aufgrund technischer und rechtlicher Erwägungen aus:
Technisch ist der einzelne Freifunkrouter im Netzwerk nicht identifizierbar. Die einzelnen Freifunkrouter werden mit Gateways verbunden, die den gesamten Traffic über den Server des Fördervereins Freie Netzwerke oder ausländische Server lenken. Der Förderverein in Berlin kann die IP-Adressen nicht zuordnen und speichert diese auch nicht, denn in Deutschland gibt es keine Vorratsdatenspeicherung. Die bisherigen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung waren verfassungswidrig, vgl. BVerfGE zur Vorratsdatenspeicherung .
Rechtlich ist eine Störerhaftung ebenso aus zwei Gründen nicht gegeben:
-Bei konsequenter Anwendung der Entscheidung des BGHs I ZR 169/12 haftet der Anschlußinhaber nicht:
Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere >dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (Anschluss an BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 -I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 -Sommer unseres Lebens; Urteil >vom 15. November 2012 -I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 = WRP 2013, 799 – Morpheus).
Diese BGH-Entscheidung bedeutet, dass der Inhaber eines Freifunkrouters im Falle einer - sehr theoretischen, da technisch ausgeschlossenen - Inanspruchnahme als Störer im Rahmen einer Abmahnung darlegen müsste, dass andere Nutzer online waren. Bei entsprechenden Vortrag, dass es sich um einen Freifunkrouter handelt, müsste der Freifunker seiner Darlegungslast genügt haben und aus der Haftung befreit werden.
-Das zweite rechtliche Argument gegen eine Störerhaftung ist das Providerprivileg. Der Betreiber eines Freifunkrouters hat das Providerprivileg nach § 8 TMG, das ihn von der Haftung befreit. So entschied zum Beispiel das Amtsgericht Hamburg (25b C 431/13) und das Amtsgericht Charlottenburg 217 C 121/14 zu Gunsten eines Freifunkserverbetreibers, dass von diesem keine unzumutbaren Maßnahmen verlangt werden dürfen.
Amtsgericht Charlottenburg, 217 C 121/14:
Wer ein öffentliches WLAN anbietet, ist grundsätzlich als Access-Provider einzustufen (vgl. etwa AG Hamburg, CR 2014, 536; Roggenkamp, jurisPR-ITR 12/2006 Anm. 3; Röhrborn/Katko, CR 2002, 882, 887). Dieser ist gemäß § 9 Abs. 1 TDG für fremde Informationen >grundsätzlich nicht verantwortlich und deshalb auch nicht verpflichtet, Nutzer oder Kunden zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 TDG). Der lediglich den Zugang zu fremden Informationen eröffnende Provider haftet nicht, wenn er die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen weder ausgewählt noch verändert hat. Unberührt von dieser Privilegierung der bloßen Durchleitung von Informationen bleibt der Access-Provider >gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen nur verpflichtet, wenn er Kenntnis von rechtswidrigem Tun erlangt hat (vgl. auch LG Flensburg, Urt. v. 25.11.2005 - 6 O 108/05). Diese Privilegierung >erstreckt sich jedoch nicht auf Unterlassungsansprüche, d.h. auf die Haftung des Störers (BGHZ 158, 236 - Rolex). In derartigen Fällen sind allerdings an die Zumutbarkeit von Maßnahmen und Pflichten ganz besonders strenge Anforderungen zu stellen; dem Betreiber eines WLAN->Netzwerkes darf nichts abverlangt werden, was sein „Geschäftsmodell“ gefährdet. Das wäre jedenfalls bei schweren Eingriffen, etwa Port- oder DNS-Sperren, Registrierungspflichten etc. der Fall (vgl. auch Sassenberg/Mantz, WLAN und Recht, Rdn. 227 ff.). Eine Pflicht zur >Belehrung kann nicht verlangt werden und erscheint bei dem hier vorliegenden Modell im Übrigen auch nicht praktikabel (vgl. AG Hamburg a.a.O.; Sassenberg/Mantz a.a.O., Rdn. 235; so wohl auch Hoeren/Jakopp, ZRP 2014, 72, 75).
Nach sich durchsetzender Rechtsauffassung sind Sie als Betreiber eines Netzwerkes ein sogenannter Access Provider und auf diese ist das TMG anwendbar. Das Providerprivileg schützt nicht nur den Förderverein Freie Netzwerke in Berlin, sondern auch jeden einzelnen Freifunker.
Klarstellend ist zu dieser Frage eine Entscheidung des EuGHs zu erwarten. Das Landgericht München 7 O 14719/12 hat diese Frage bei einem offenen W-LAN dem EuGH zur Prüfung vorgelegt.
Für den einzelnen Freifunkrouterbetreiber sind allerdings Abmahnungen faktisch ausgeschlossen, da der einzelne Freifunkrouter technisch nicht identifizierbar ist (s.o.). Für den einzelnen Freifunker ist diese Frage sehr theoretischer Natur.
Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie
-die Übermittlung nicht veranlasst,
-den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
-die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Durch den Gesetzentwurf zu offenen W-LANs ändert sich beim Freifunk weiterhin nichts.
Der Gesetzentwurf regelt bestimmte Anforderungen, die Betreiber von Offenen W-LANs einhalten müssen, wenn Sie im Falle einer Abmahnung nicht haften wollen. Für Freifunker ist die Abmahnungsgefahr allerdings nicht gegeben, da ihr Anschluß technisch nicht identifizierbar ist, sämtlicher Traffic wird umgeleitet auf einen externen Server beim Förderverein freie Netzwerke oder im Ausland. Bei diesen externen Servern werden keine IP-Adressen gespeichert.
Für den einzelnen Freifunk-Routerbetreiber gibt es keinen Zwang, die Anforderungen des geplanten § 8 TMG umzusetzen. Der neue geplante § 8 TMG regelt nur Haftungsfragen für Offene-W-LANs und erschwert diese. Freifunk bietet jedoch gerade die Lösung dafür, um trotz des geplanten § 8 TMG, ein offenes W-LAN betreiben zu können.
Das neue geplante Gesetz steht in heftiger Kritik. Prof. Dr. Hoeren zum Beispiel kritisiert den Gesetzentwurf heftig im Beck.blog. Prof. Dr. Hoeren schreibt:
Insgesamt ist die Regelung europarechtswidrig und eine einzige Unverschämtheit. Denn die Rechtsprechung war gerade dabei, die einzig richtige Lösung für WLAN-Betreiber zu etablieren. Diese sind Access Provider und damit nach der E-Commerce-Richtlinie und dem >Telemediengesetz grundsätzlich von jeglicher Haftung befreit.[..] Die einzige Frage, die bleibt, ist also: Wer schreibt eigentlich solch einen Unsinn? Und wieso geht so etwas ins Kabinett? Und wer stoppt diesen Zug? Langsam wird man müde und verbittert, wenn man sich die Qualität der Gesetzgebung in Deutschland ansieht.
Ja, in Göttingen gibt es seit Anfang 2015 ein Freifunknetzwerk, das täglich wächst. Die Initiative bietet detaillierte Informationen im Netz. Die einzelnen Freifunkrouter sind online einsehbar. Wer mitmachen möchte, kann zur Freifunksprechstunde gehen:
In den nächsten Wochen (Stand März 2015) gibt es immer Montags 17:00 bis 18:00 Uhr Freifunk Sprechstunden. Wir helfen beim fachgerechten Flashen der Freifunkrouter.
In der Sprechstunde wird nicht zwischen Privat- und Kassenrouter unterschieden. Jegliche Behandlung ist selbstverständlich kostenlos, aber nicht umsonst, denn der Heilungserfolg “Freifunk” wird garantiert.
Freifunkpraxis im Weltladencafé, Nikolaistr. 10