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Urheber­recht an Designs, Logos und Grafiken

Schöpfungshöhe bei Grafiken

Bisher wurde Gebrauchsgrafiken die Schöpfungshöhe abgesprochen. Selbst dann, wenn es ein Logo in der Art eines durchschnittlichen Werbegrafikers war, neigten Gerichte dazu, die Schöpfungshöhe abzusprechen.

Differenzierung der Werksarten

Weshalb für eine Grafik eine höhere Schöpfungshöhe als die Durchschnittsgestaltung bei anderen Werksarten (Bildende Künste, Literatur, Wissenschaft) erwartet werden sollte, war nicht nachvollziehbar. Nach § 2 Nr. 4 UrhG sind die Werke der angewandten Kunst den Werken der bildenden Künste gleichgestellt.

Es gibt im Urhebergesetz an keiner Stelle die Festlegung unterschiedlicher Schutzuntergrenzen für unterschiedliche Werksarten. Das Urhebergesetz sieht keine Benachteiligung eines durchschnittlichen Werbegrafikers gegenüber einem durchschnittlichen Bildhauer, Wissenschaftler oder Autor vor.

Alleine die Rechtsprechung differenzierte zwischen den Werksarten und forderte für Grafiken eine höhere Schutzgrenze als für andere Werkschaffende. Diese richterrechtliche Differenzierung ist nun zum Glück endgültig veraltet.

 

Neue BGH-Rechtsprechung

a) An den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst im Sinne von §2 Abs.1Nr.4, Abs.2 UrhG sind grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens. Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen,die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass sie die Durchschnittsgestaltung deutlich überragen (Aufgabe von BGH, Urteil vom 22.Juni 1995-I ZR119/93, GRUR 1995, 581 = WRP 1995, 908-Silberdistel).

b) Bei der Beurteilung, ob ein Werk der angewandten Kunst die für einen Urheberrechtsschutz erforderliche Gestaltungshöhe erreicht, ist zu berücksichtigen, dass die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen Urheberrechtsschutz nur begründen kann, soweit sie nicht dem Gebrauchszweck geschuldet ist, sondern auf einer künstlerischen Leistung beruht. Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine zwar Urheberrechtsschutz begründende, gleichwohl aber geringe Gestaltungshöhe zu einem entsprechend engen Schutzbereich des betreffenden Werkes führt.

BGH, Urteil I ZR 143/12, 13.11.2013

Europäischer Werksbegriff

Die entsprechenden Entscheidungen des BGHs, die zuvor eine anderen Auffassung vertraten, sind vor der aktuellen europarechtlichen Entwicklung als veraltet anzusehen. Der BGH hat selbst vor der obigen Entscheidung in dem Urteil I ZR 55/97 seine früheren Grundsätze für eine besondere Gestaltungshöhe bei Computerprogrammen und Lichtbildern aufgegeben.

Der BGH schrieb damals folgendes:

Bei dieser Beurteilung ist das Berufungsgericht von Anforderungen an die Schutzfähigkeit von Fotografien ausgegangen, die jedenfalls seit dem 1. Juli 1995 nicht mehr gelten, d.h. dem Zeitpunkt, in dem die Richtlinie 93/98/EWG des Rates zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte vom 29. Oktober 1993 (ABl. Nr. L 290/9) nach ihrem Art. 13 Abs. 1 umzusetzen war und auch durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23. Juni 1995 (BGBl. I S. 842) umgesetzt worden ist (Art. 3 Abs. 2 des 3. UrhG-ÄndG). Nach Art. 6 der Richtlinie sollen Fotografien geschützt werden, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind (vgl. dazu auch Erwägungsgrund 17 der Richtlinie). Eines besonderen Maßes an schöpferischer Gestaltung bedarf es danach für den Schutz als Lichtbildwerk nicht (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 2 Rdn. 33, 179; Schricker/Vogel aaO § 72 Rdn. 21; Nordemann/Vinck in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 2 Rdn. 74; Hertin ebd. § 72 Rdn. 2; Heitland, Der Schutz der Fotografie im Urheberrecht Deutschlands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika, 1995, S. 60 ff.; Platena, Das Lichtbild im Urheberrecht, 1998, S. 233 ff.; A. Nordemann/Mielke, ZUM 1996, 214, 216).

BGH, Urteil I ZR 55/97, 03.11.1999

EU-Richtlinien

Es gibt in der Zwischenzeit drei Richtlinien, die herangezogenen werden können, um einen europäischen Werksbegriff zu formulieren.

Alle drei Richtlinien schreiben vor, dass Computerprogramme, Fotografien und Datenbanken individuelle Werke in dem Sinne darstellen müssen, dass sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Es sollen zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden sein.

Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs sind diese Richtlinien keine Ausnahmeregelungen. Vielmehr sei ein einheitlicher harmonisierter Werkbegriff im Wege einer Gesamtanalogie aus den bereits harmonisierten Werkbegriffen herzuleiten (vgl. EuGH Infopaq/DDF Az.: C‑5/08). Deswegen hat der Europäische Gerichtshof zum Beispiel für folgenden Satzfetzen einen möglichen Schutz bejaht:

TDC; 73 Prozent der anstehende Verkauf des Telekommunikationskonzerns TDC, mit dessen Übernahme gerechnet wird.

Der Europäische Gerichtshof begründet dies damit, dass bereits aus diesem Satzfetzen, das individuelle Schaffen des Texters erkennbar sei.