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Verjährung von Ansprüchen aus Files­ha­ring-Ab­mah­nungen

Sie haben 2011 eine Filesharing-Abmahnung bekommen, eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und nach einigen weiteren Drohbriefen, in denen die Zahlung verlangt wurde, seit mehr als zwei Jahren nichts mehr gehört? Sie haben weder einen Mahnbescheid, noch eine Klage bekommen?

Leider ist dies noch kein Grund zur Freude, denn die böse Überraschung eines Mahnbescheids oder einer Klage im Briefkasten droht immer noch.

Nach den Regeln des BGB sind urheberrechtliche Ansprüche in 3 Jahren verjährt bzw. in 10 Jahren. Allerdings ist der Beginn der Verjährungsfrist zu beachten und eine mögliche Hemmung der Verjährung zu berücksichtigen.

Wann beginnt die Verjährungsfrist?

Grundsätzlich beginnt die Frist gemäß § 199 BGB

  • mit dem Schluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist, Sie also die angebliche Urheberrechtsverletzung begangen haben,
  • mit dem Schluss des Jahres in dem der Gläubiger von der Urheberrechtsverletzung und der Person des Schuldners Kenntnis hat.

Da die Abmahner erst über ein gerichtliches Auskunftsverfahren Ihren Namen als Anschlussinhaber in Erfahrung bringen können, beginnt die Verjährungsfrist nicht, bevor Ihr Provider diese Daten übermittelt hat. Wann dieser Zeitpunkt war, ist häufig nur über eine Einsicht in die Beschlussakten des Gerichts herauszufinden.

Zwei Beispielrechnungen

Ausgangsdaten:

  • Angebliche Urheberrechtsverletzung am 20.10.2017
  • Abmahnung erhalten am 18.02.2018
  • Heute ist der 24.06.2021

Ist der Anspruch verjährt?

Kenntnis Ihres Namens als Anschlussinhaber noch im gleichen Jahr (z. B. 19.12.2017)

  • Beginn der Verjährung: 01.01.2018, 00:00 Uhr
  • Ende der Verjährung: 31.12.2020, 24:00 Uhr
  • Anspruch Rechtsanwaltskosten verjährt!

Kenntnis Ihres Namens als Anschlussinhaber im darauffolgenden Jahr (z. B. 09.01.2018)

  • Beginn der Verjährung: 01.01.2019, 00:00 Uhr
  • Ende der Verjährung: 31.12.2021, 24:00 Uhr
  • Anspruch noch nicht verjährt!

Verjährung Abmahnkosten (Aufwendungsersatz § 97 a UrhG)

Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten, also der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung, verjährt nach 3 Jahren.

Fraglich ist, Ende welchen Jahres die Verjährungs anfängt zu laufen und ob hierfür unterschiedliche Jahre maßgeblich sein können:

Grundsätzlich unterliegen der Unterlassungsanspruch und der darauf beruhende Kostenerstattungsanspruch auf den gleichen verjährungsrechtlichen Bestimmungen – so sagt es das AG Bielefeld (42 C 368/13, Rz. 19). Dass der Verjährungsbeginn für den Anspruch auf Erstattung des Aufwendungsersatzes kein anderer sein kann als für den Unterlassungsanspruch, ergibt sich aus den folgenden grundsätzlichen Erwägungen:

Zunächst gilt der Grundsatz der Schadenseinheit (Palandt, § 199, Rn. 14). Danach entstehen Schadensersatzansprüche grundsätzlich einheitlich, auch für die erst in Zukunft fällig werdenden Beträge, sobald ein erster Teilbetrag geltend gemacht werden könnte. Da es im Falle des Verschuldens auch möglich ist, die Rechtsanwaltskosten im Rahmen des Schadensersatzes nach § 97 II UrhG zu fordern – dessen Verjährungsbeginn dann ohne Zweifel nach dem Grundsatz der Schadenseinheit der gleiche Zeitpunkt ist, wie beim Lizenzschadensersatz oder dem Unterlassungsanspruch – ist es ein Widerspruch, wenn die Verjährung beim nicht verschuldeten Aufwendungsersatz erst mit Absenden der Abmahnung beginnt.

Außerdem handelt es sich hierbei um einen Hilfsanspruch zum Unterlassungsanspruch und es wäre widersprüchlich und mit der Gesetzessystematik nicht vereinbar, wenn der Verjährungsbeginn ein anderer wäre als der des Hauptanspruchs. Besonders deutlich wird dies durch einen Parallele zum Wettbewerbsrecht, in dem der Hauptanspruch auf Unterlassen in 6 Monaten verjährt.

BGH GRUR 1992, 176

Vor allem aber wäre es mit der Gesetzessystematik nicht zu vereinbaren, wenn die gegen den Wettbewerbsverstoß selbst gerichteten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche der gesetzlich geregelten kurzen Verjährung des UWG unterfallen, der Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten aber anders behandelt wird. Der Sinn und Zweck der kurzen Verjährung, innerhalb einer relativ kurzen Zeit Klarheit über das Bestehen von Ansprüchen gegen einen wettbewerbsrechtlichen Verletzer zu schaffen, trifft indessen auch auf diesen Anspruch zu.

Allein die Tatsache, dass im Urheberrecht durch den Verweis auf die Regelverjährung des BGB zufällig Haupt- und Hilfsanspruch in drei Jahren verjähren, begründet keine andere Bewertung als die im Wettbewerbsrecht vorgenommene.

Gegen das Abstellen auf den Zeitpunkt der Absendung der Abmahnung spricht außerdem noch, dass dies zum einen nicht der entscheidenden Vorgang ist, zum anderen hängt es vom Einzelfall ab und lässt sich nicht allgemein beurteilen, wann der Gebührenanspruch tatsächlich fällig wird. Der Versand kann (muss aber nicht) mit der Fälligkeit zusammenfallen (vgl. Aufsatz in GRUR 2012, 697).

Verjährung Schadensersatzansprüche bzw. Lizenzanalogie/Lizenzschaden § 199 BGB

> § 199 BGB

Der BGH vertritt in seinem Urteil vom 12.05.2016 (BGH I ZR 48/15) die Auffassung, dass der Schadensersatzanspruch auf Lizenzschaden erst nach 10 Jahren verjährt.

Dies folgt daraus, dass der Tauschbörsennutzer ja etwas erlangt habe, nämlich quasi die Lizenz und daher der Restschadensersatzanspruch nach § 102 UrhG Anwendung fände, wonach der Herausgabeanspruch bzw. Wertersatz erst nach 10 Jahren verjährt.

Diese Denkweise finden wir nicht nachvollziehbar. Bei Tauschbörsenfällen hat der Tauschbörsennutzer keine Lizenz gespart bzw. erlangt, denn diese ist am Markt nicht erhältlich. Überzeugend urteilte zum Beispiel vor der BGH-Entscheidung vom 12.05.2016 (BGH I ZR 48/15) das AG Bielefeld:

In seinem Urteil 42 C 368/13, Rz. 20, lehnte es die Argumentation zutreffend ab. Entgegen der häufig zitierten BGH-Entscheidung I ZR 175/10, in der es um GEMA-Lizenzgebühren ging, bestände in Filesharing-Angelegenheiten keine Möglichkeit, einen entsprechenden Lizenzvertrag abzuschließen. Es besteht überhaupt kein Interesse der Rechteinhaber, eine Zugänglichmachung von Einzeltiteln innerhalb eines Filesharing-Systems zum unentgeltlichen Download an anonyme Dritte zur weiteren Verbreitung zu lizenzieren. Ein der Lizenzanalogie zugrundeliegender urheberrechtlicher Lizenzvertrag wäre somit überhaupt nicht zustande gekommen. Dadurch hat der Verletzer aber gerade keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es Benutzern von Filesharing-Systemen in erster Linie darauf ankommt, die fragliche Datei zum eigenen Gebrauch für sich herunterzuladen und zu nutzen. Der Upload-Vorgang von Fragmenten ist lediglich eine notwendige Folge. Insoweit liegt jedoch gerade kein bewusster Eingriff in den Zuweisungsgehalt der von der Rechteinhaberin wahrgenommenen Rechte vor.

Darüber hinaus fehlt es an jeglicher Bereicherung des Verletzers in Höhe der geltend gemachten Lizenzgebühr, da es gerade das Wesen von Filesharing-Systemen ist, diese Leistung kostenfrei an Dritte weiter zu verteilen. Es handelt sich dem Wesen nach viel mehr um unerlaubte Handlungen, für die gerade nicht die Grundsätze eines bereicherungsrechtlichen Schadensersatzanspruches anwendbar sind.

Wann ist die Verjährung gehemmt?

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Verjährung gehemmt werden kann, d. h. die Frist verlängert sich um einen gewissen Zeitraum. Bei einem Mahnbescheid, auf den keine Klage folgt, sind dies sechs Monate.

Aber auch Verhandlungen über den Anspruch - und das kann ein einfacher Schriftwechsel unter Umständen sogar ein Anruf bei der abmahnenden Kanzlei sein- verlängern die Verjährungsfrist um den Zeitraum, in dem verhandelt wurde.

Wenn Sie also nach Abgabe einer modfizierten Unterlassungserklärung keinen Vergleich wollen und es auf eine Klage ankommen lassen, müssen Sie deutlich erklären, dass Sie nicht zahlen werden und sich auf keinen weiteren Schriftwechsel einlassen.

Wie Sie in Ihrer konkreten Situation am besten handeln können und welche Strategie das für Sie beste Ergebnis bewirkt, können wir gemeinsam in einer Erstberatung abklären.